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Christoph Dohr

aktualisiert
Freitag, 13.12.2024 12:34

I200

1992 | Truhenorgel Peter Albrecht (Schotten/Hessen) o.Nr.

Beschreibung (von Peter Albrecht): "Truhen-Orgelpositiv". fünf klingende Register, chromatischer Prospektverlauf.

  • Holzgedackt 8' Fichte/Eiche
  • Kleingedackt 4' Fichte/Eiche
  • Prinzipal 2' Zinn (im Prospekt)
  • Quinte 1 1/3' Zinn (Bauweise Bass: gedeckt; Diskant: konisch)
  • Zimbel 1/2' 1-2f. Zinn
    [Metallpfeifen von Fa. Carl Giesecke, Göttingen; Gebläse von Fa. Laukhuff, Weikersheim]
Zusammensetzung der Cymbel 1/2' 1-2fach
ab C        
1/2'
ab g       2/3' 1/2'
ab c'     1' 2/3'  
ab c''   1 1/3' 1'    
ab g'' 2' 1 1/3'      

 

Klaviaturumfang [Ambitus]: C-d"' = 51 Töne [Tasten]
Stimmtonhöhe: a' = 440 Hz. bei 18° Celsius.

Das Orgelpositiv hat insgesamt 287 Pfeifen:

  • Holzgedackt 8' - 51 Pfeifen
  • Kleingedackt 4' - 51 Pfeifen
  • Prinzipal 2' - 51 Pfeifen
  • Quinte 1 1/3' - 51 Pfeifen
  • Zimbel 1/2' 1-2f. - 83 Pfeifen

Das Instrument besteht aus zwei Teilen. Das Unterteil beherbergt den elektrischen Winderzeuger, den Magazinbalg und 13 Holzpfeifen des Registers Gedackt 8' (C-c) [, zudem einen Betriebsstundenzähler]. Im Oberteil sind alle weiteren Klang- und Funktionsteile untergebracht, wie Windlade (Schleiflade), Stechermechanik, mechanische Registersteuerung, Spieleinrichtung mit ausziehbarer Klaviatur und das gesamte übrige Pfeifenwerk.

Das Gehäuse des Truhenpositivs ist ganz aus massivem Kirschbaumholz gearbeitet, ebenso die mit geometrischer Ornamentik versehenen Gehäusefüllungen bzw. das Schleierbrett über den Prospektpfeifen. Die Oberflächenbehandlung geschah mit natürlichem, hochwertigem und lang gelagertem Leinölfirnis.

Ober- wie Unterteil des Orgelpositivs haben zum Transport je zwei handgeschmiedete Tragegriffe. [...]

Der Instrumentenhocker mit Lehne und Fußschemel in gedrechselter Eiche und Sitz aus Binsengeflecht ist eine Einzelanfertigung der Worpsweder Bauernmöbel-Werkstatt Dipl.-Ing. Jan Kück und wurde in Stil und handwerklicher Ausführung auf das Instrument abgestimmt.

Trotz des relativ klangintensiven Pfeifenmensurmaterials ist das fünfregistrige Positiv raumsparend auf kleinste Abmessungen hin konstruiert. Außenmaße:

  Höhe Breite Tiefe
Oberteil 59 cm 90 cm 38 cm
Unterteil 41 cm 90 cm 38 cm
Positiv gesamt 100 cm 90 cm 38 cm

 

Durch ein exaktes Aufeinandersetzen der beiden Teile werden sämtliche Luftfunktionsverbindungen automatisch hergestellt.

Die einarmige Klaviatur, deren Tasten mit Ebenholz [Untertasten] und Bein [Obertasten] belegt sind, ist eingeschoben (Transportstellung) mit stärkerem Tastendruck spielbar. Sie läßt sich aber [...] auch herausziehen, so daß sie 12 cm aus dem Instrument herausragt. Dazu ist der mit Scharnieren versehene Instrumentendeckel anzuheben, bis die Messingsdistanzhalter beiderseitig einrasten. Sodann kann die Klaviatur bei gleichzeitigem Anheben vorn, bis zum Anschlag (= 12 cm) ausgezogen werden; danach muß sie wieder unten ganz anliegen und ist damit bei leichtem Tastendruck spielfertig. [...]

Das Instrument besitzt zusätzlich eine Transponiereinrichtung, die eine Rückung um einen Halbton nach unten [...] ermöglicht. [...] [Pfeifenwerk nicht ausgebaut = kein "C" bei Spiel 1/2 Ton tiefer.]

Die Registereinrichtung wurde sehr handlich in Klaviaturnähe und bewußt auf der Bass-Seite angesiedelt. Sie verläuft über strahlenförmig angelegte Schwerter direkt zu den Schleifen.

Das Pfeifenwerk des Orgelpositivs wurde durch Anhängungen gesichert; sämtliche Metallpfeifen besitzen sogenannte Rasternasen, die ein Verdrehen der Pfeifen verhindern und dadurch eine gute Stimmhaltung gewährleisten. [...]

[...] Zur Kontrolle der Laufzeit des Orgelmotors ist ein Betriebsstundenzähler eingebaut. Der Gebläsemotor ist mit wartungsfreien Lagern ausgerüstet, er muß darum nicht geölt werden." [Text von 1992]


zum Erbauer (autobiographisch): "Peter Albrecht, geb. 1938 in Dresden. Orgelbauer, Kirchenmusiker, Orgelsachverständiger.

Fünf Jahre Orgelbau in der Orgelbauwerkstatt A. Schuster & Sohn in Zittau
mit Lehre und Gesellenzeit; Fortsetzung der Orgelbautätigkeit ab 1957 bei Orgelbaufirma Heinrich Voigt in Frankfurt am Main; nebenbei Absolvierung eines Fernstudiums als Technischer Zeichner mit Abschluss; desweiteren ab 1960 Kirchenmusikstudium an der Kirchenmusikschule der Landeskirche Kurhessen-Waldeck in Schlüchtern (bei Kirchenrat D. Dr. Walter Blankenburg); B-Examen 1963; von 1963 bis 1965 wieder Vollzeit im Orgelbau zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung; 1965 Ablegung der Orgelbaumeisterprüfung in Frankfurt am Main und in Kassel; Oktober 1965 bis Sommer 1973 Kirchenmusiker an der Stephanuskirche Frankfurt-Unterliederbach; 1973 Wechsel nach Schotten (Oberhessen) in die Stelle als Dekanats-Kirchenmusiker und Kantor an der Liebfrauenkirche.

Beginn der Forschung am Kantatenarchiv mit zahlreichen Aufführungen der überkommenen Schottener Kantaten verschiedener Meister des 18. Jahrhunderts;
1967 bis 2005 Orgelsachverständiger in der Evang. Kirche Hessen-Nassau (EKHN); 2000 Ruhestand als Kirchenmusiker und Intensivierung der  musikwissenschaftlichen Arbeit am Schottener Kantatenarchiv; 2007 Beginn der Herausgeber-Tätigkeit mit der Kantatenreihe „Das Schottener Kantatenarchiv“ beim Verlag Dohr Köln.

Ständige, zeitlich jedoch begrenzte Beschäftigung mit handwerklichen Tätigkeiten im Instrumentenbau in der Privatwerkstatt

  • ab 1970 Restaurierung einer Schwarzwälder Flötenuhr (Anfang 19. Jahrh.)
  • 1975 Bau eines Reise-Clavichords  (Gehäuse Eiche)
  • 1976 Bau eines Italienischen Cembalos (einmanualig, 2 x 8´)
  • 1985 Bau eines Cembalo traverso  (Spinettform mit 1 x 8´, Kirschbaum)
  • 1992 Fertigstellung einer Truhenorgel (zwei Holz- und drei Metallregister)
  • 1999 Fertigstellung einer weiteren Truhenorgel (fünf Register)
  • 2017 Fertigstellung zweier Truhenorgeln in Weiterentwicklung (mit vier Registern, Holzpfeifen)
  • 2018 Überholung eines Orgelpositivs der Firma A. Schuster & Sohn, Zittau aus dem Jahr 1950 (mit drei Registern und mechanischer Wind-Schöpfanlage)

Bedingt durch die relativ kleinräumigen Werkstattverhältnisse, aber auch mit dem Vorsatz, interessante Techniken in Bezug auf kompakte Bauweise und farbigen Klang zu verwirklichen, entstanden die angezeigten Instrumente. Dabei kamen bei den Orgelpositiven besondere Pfeifenmensuren, wie z. B. ein gedeckter 4´ der hölzernen Compenius-Orgel in Frederiksburg, aber auch selbst entwickelte Praktiken wie etwa zur Pfeifensicherung oder Transponierschaltung zum Einsatz." [Text vom 18. Juni 2021]

zur Datierung: Peter Albrecht arbeitete vier Jahre an der Konzeption und am Bau dieses besonders kompakten Instrumentes. Fertigstellung November 1992.

Voreigentümerin: Erwerb 12. Juni [Vertrag] cf. 7. Oktober [Abholung] 2021 von der Auftraggeberin und Ersteigentümerin des Instrumentes, Kantorin i.R. Isolde Schäffler (*1940), Hofheim am Taunus.

Zustand: Die Truhenorgel war von 1992 bis 2021 nur ca. 440 h in Betrieb. Das Instrument war bei Erwerb für die Sammlung Dohr (Vertrag 12. Juni, Abholung 7. Oktober 2021) in gut spielfähigem Zustand. Generalüberholung, Überarbeitung, Revision durch Matthias Wagner im Januar 2022.