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Christoph Dohr

aktualisiert
Freitag, 13.12.2024 12:34

Die Pedalklaviere der Sammlung Dohr

Grundsätzliches zum Pedalklavier

von Christoph Dohr

Pedalklavier (anonym?) im Schumann-Haus Zwickau, ohne Böcke und ohne Bank
  • Besaitete Tasteninstrumente wurden bereits früh immer wieder um Pedalklaviere ergänzt: So gibt es Pedal-Klavichorde, Pedal-Cembali, schließlich Pedal-Flügel und Pedal-Klaviere. Die Geschichte des Pedalklaviers (gleich welcher Tonerregungsform) ist weitgehend undokumentiert und unerforscht. Dies hat wohl damit zu tun, dass Pedalklaviere (etc.) in der Regel Pianinos (etc.) zu "häuslichen übeorgeln ohne Kalkantenbedarf" ergänzt haben. In Kurzform lässt sich sagen: 1. Pedalklaviere dienten fast ausschließlich übe- und nicht Konzertzwecken.
  • In den meisten Fällen sind Pedal-Klaviaturen in Einzelfertigung oder in sich über Jahrzehnte mit Modifikationen hinziehenden Kleinstserien (aktuell etwa das Pedalcembalo von J. C. Neupert) gefertigt worden. Lediglich bei den in der Sammlung Dohr befindlichen Instrumententypen der Berliner Klaviermanufakturen Wilhelm Hirl und Richard Neufeind hat eine kontinuierliche Serienfertigung stattgefunden. Die Fertigung fand statt in einer Hochzeit der Organistenausbildung und fand ihr Ende mit der flächendeckenden Verbreitung von Windmaschinen im Orgelbau.
  • Gerade an Schumanns Annäherung (siehe hierzu den nächsten Abschnitt) an das Pedalklavier lässt sich die zweite Verwendung des Instrumentes gut veranschaulichen: 2. Robert Schumann gehört zu den sehr wenigen Komponisten, die dem Pedalklavier eine klangliche Eigenwertigkeit abgewinnen konnten und ausdrücklich für dieses Instrument - und nicht für Orgel - komponierten. Auch Schumann interessierte sich für den Pedalflügel zunächst als übeinstrument für das Orgelspiel, ließ sich aber bald zu eigenständigen Kompositionen für dieses Instrument inspirieren. Es verwundert, dass Schumanns besondere Beachtung des Pedalklaviers bzw. Pedalflügels nicht zu einem anhaltenden Interesse am Pedalklavier auch im Konzertbetrieb geführt hat, existieren doch mit seinen Opera 56, 58 und 60 drei bedeutende Werke eines berühmten Komponisten, die ausdrücklich für Pianoforte (Klavier/Flügel) zu zwei Händen [siehe Titeleien der ersten Gesamtausgabe durch Clara Schumann) mit Ergänzung eines Pedalklaviers komponiert worden sind.Unter diesem Gesichtspunkt kommt dem Pedal-Klavier ein ähnlicher Stellenwert zu wie dem Arpeggione.
  • Zu unterscheiden ist der Grad der mechanischen, konstruktiven, klanglichen Selbstständigkeit des Pedals. So gibt es - ähnlich wie bei Kleinorgeln - auch im Bereich der besaiteten Pedalklaviere solche, die als selbstständiges Instrument gebaut sind (eigene Spielmechanik, eigene Besaitung, eigene akustische Anlage), und solche, die "angehängt" sind (mittels Abstrakten, Wellenbrett, Fäden, Umlenkrollen ...) an ein Manual-Klavier. Im letzteren Fall wird eine (Zug-) Verbindung hergestellt zwischen einer Pedaltaste und je einer Manualtaste bzw. Anschlagsmechanik eines jeweiligen Tones des "Mutter"-Klaviers.
  • [Als kleiner Exkurs ist zu betonen, dass es keine (bzw. vernachlässigbar wenige) Kompositionen für (Orgel-) Pedalklaviatur solo gibt - derartige Stücke dienen zudem hauptsächlich der übung des Pedalspiels mit Blick auf das perfekte Zusammenspiel zwischen Füßen und Händen. Die Stücke haben oft eher Etüden-Charakter denn künstlerischen Anspruch.]
  • Die beiden Pedalklaviere der Sammlung Dohr sind selbstständige Instrumente, die je unter ein aufgebocktes Pianino gerollt werden.
  • Die Systematik der Sammlung Dohr zählt die Pedalklaviere - trotz ihrer horizontalen Bauart - zu den aufrechten Klavieren, da es sich um musikalisch unselbstständige Ergänzungsinstrumente zu aufrechten Klavieren (Pianinos) handelt.

Exkurs: www.boesendorfer.com

Titelblatt Schumann op. 56

Im April 2010 gab es im Brahms-Saal Wien eine Reihe von Konzerten auf historischem Instrumentarium. Als besondere Rarität wurde ein Bösendorfer-Pedalflügel - wahrscheinlich ein Unikat - aus dem Jahre 1874 vorgestellt. Das Instrument befindet sich im Eigentum der "Gesellschaft der Musikfreunde Wien". Die nachfolgenden Zitate stammen von der News-Seite von www.boesendorfer.com (Zugriff 02.06.2010):

"Wir wollen uns an dieser Stelle noch etwas ausführlicher mit dem "Zwitter-Instrument" Pedalkavier beschäftigen. Auch wenn das Instrument es nie zum Durchbruch geschafft hat, so war es zu seiner Zeit nicht nur bei Organisten beliebt - es ermöglichte an bitterkalten Tagen, die Orgelstücke im warmen Arbeitszimmer statt im kalten Kirchgemäuer zu üben oder überhaupt zu spielen, wenn kein Balgtreter zur Verfügung stand. Berühmte Komponisten wie Boely, Mendelssohnn, Gounod oder auch Schumann schrieben eigene Pedalklavier-Werke.

Im Frühjahr 1845 beschaffte sich Robert Schumann in Paris einen anderthalb Oktaven umspannenden Pedalsatz und baute damit seinen Hammerflügel zum Pedalklavier um. Frau Clara Schumann: "Der Zweck war uns hauptsächlich, für das Orgelspiel zu üben. Robert aber fand sehr bald ein höheres Interesse.". Entzückt von den "ganz wundervollen Effekten", die das neue Spiel-Zeug zuließ, hatte Schumann dafür zu komponieren begonnen. Unter anderem die drei berühmten Opera für Pedalflügel. [...]

Titelblatt Schumann op. 58

Die Saiten, Hämmer etc. für die Pedalklaviatur befinden sich in dem am Boden liegenden Corpus.

Das Pedalklavier wurde zwar gerne als Orgelersatz insbesondere zum üben verwendet; für viele Musiker war es aber mehr, nämlich ein selbständiges Instrument mit eigenem Klangwert. Auch wenn das Pedalklavier eine Rarität bleiben sollte, befassten sich immer wieder Musiker mit diesem Instrument und seinen besonderen Klangschöpfungen. Am bekanntesten in der Pedalklavierliteratur sind wohl die sechs Studien (op. 56) und vier Skizzen für Pedalflügel (op. 58) von Robert Schumann, die er so wie die sechs Fugen über BACH für Orgel oder Pedalflügel (op. 60) 1845 komponierte. Die ersten beiden Werke sind die einzigen bekannten Kompositionen, die nur für Pedalflügel geschrieben worden sind. - Auch Robert Schumanns Frau Clara spielte übrigens auf ihren Konzertreisen gerne auch am Pedalflügel."

 

 

DohrCompactDiscs, eingespielt
auf Instrumenten des Pianomuseums